Sustainable Fashion Matterz

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Als Nachhaltige Mode Bloggerin auf der Guten Seite der Macht

© Cherie Birkner // 2017

Interview mit Fashion Revolution Botschafterin und Nachhaltige Mode Bloggerin Mirjam Smend // MY-GREENSTYLE

by Cherie Birkner

 

"Wir dürfen uns ruhig alle öffentlich feiern. Im Gegensatz zu vielen anderen haben wir ja schließlich nichts zu verbergen!"


 

Nach 16 Jahren Arbeit für High End Mode Magazine hast Du Deinen Blog my-GREENstyle gegründet. Was hat Dich dazu inspiriert?

Maximale Übersättigung und der Glaube daran, dass es auch anders geht. Täglich wechselnde Trends, ständig neue Kollektionen und Saisons. Bomberjacke, Parka, Jeansjacke... Wie viele Jacken braucht man eigentlich um glücklich zu sein? Ich habe mir vorgestellt, was passieren würde, wenn eine Leserin all das kaufen würde, was ihr täglich präsentiert wird, um eine zeitgeistige „Fashionista“ zu sein. Weißt Du, was ich meine? Das wurde mir zu viel. Auf my-GREENstyle geht es um einen anderen Umgang mit der Mode. Genauso schön, aber weniger und langsamer. Ich habe lange recherchiert, um großartige, nachhaltige Alternativen zu finden. Und die stelle ich in Form von Label-Porträts, Interviews etc. auf my-GREENstyle vor, um Modemenschen für diese bessere Mode zu begeistern, ohne, dass sie lange suchen müssen.

 

Wo findest Du diese Fair Fashion Labels?

Berlin ist ja erfreulicherweise die Hauptstadt der Fair Fashion. Während der Fashion Week sind spannende, teilweise internationale Labels, im Greenshowroom. Der Berliner Mode Salon im Kronprinzenpalais ist eine unglaubliche Inspirationsquelle, wenn es um deutsche High Fashion Labels geht. Auch auf Instagram und anderen sozialen Kanälen finde ich immer wieder echte Lieblingslabels. Oder ich werde direkt angeschrieben.

 

Was macht Dir beim bloggen für nachhaltige Marken am meisten Freude?

Hier geht es nicht nur um Schnitte, Farben und die Keypieces der Saison. Hier geht es um die Menschen hinter der Marke, die Geschichten, die sie zu erzählen haben und die Begeisterung mit der sie ihre teilweise jungen Labels über den leider immer noch steinigen nachhaltigen Weg führen. Für meinen ersten Greenshowroom-Besuch in Berlin hatte ich drei Tage eingeplant. Dort haben nur knapp über 30 Labels ausgestellt, und ich hatte mich gefragt, was ich an den anderen beiden Tagen machen werde. Tatsächlich habe ich es nicht geschafft, mit allen für mich interessanten Labels zu sprechen. Fair Fashion ist eben mehr als einfach nur schöne Mode. Das ist der große Unterscheid. Und es fühlt sich fantastisch an, auf der guten Seite der Macht zu stehen.

 

Wie entscheidest Du, welche Labels auf my-GREENstyle stattfinden und welche nicht?

Das ist bei mir eine Mischung aus Produktionsweise, Produktionsort, Material und natürlich Design. Auf jeden Fall müssen die Labels transparent sein. Ich bin definitiv kein Siegelverfechter. Kein Siegel ist für mich kein Ausschlusskriterium. Würde man nur darauf achten, würden viele fantastische kleine Modelabels komplett durchs Raster fallen. Denn Siegel sind teuer und die kann sich nicht jeder leisten. Damit wären wir dann schon wieder bei den üblichen Global Playern, die inzwischen auch viel mit Organic Cotton arbeiten und die können sich dieses kostspielige Extra eben leisten.

 

Was fehlt nach Deiner Meinung der Nachhaltigkeit am meisten?

Um in den Worten von Livia Firth zu sprechen: Sexiness. Und jede Menge Rampenlicht.

 

Aber wie kann man das ändern?

Fair Fashion muss laut werden und darf sich nicht verstecken. Wir dürfen uns ruhig alle öffentlich feiern und auf uns aufmerksam machen. Im Gegensatz zu vielen anderen haben wir ja schließlich nichts zu verbergen!

 

Auf my-GREENstyle geht es aber nicht nur um Mode...

Das ist richtig. Ich LIEBE Mode, aber Green Lifestyle ist viel mehr als Mode allein. Das ist wohl meiner Frauenmagazin-Vergangenheit geschuldet. Menschen, die sich für nachhaltige Mode interessieren, bevorzugen voraussichtlich auch tierversuchsfreie Naturkosmetik und würden Urlaub in einem traumhaften Eco-Resort machen, wenn man ihnen welche präsentiert. Und deswegen versuche ich ein Gesamtpaket zu schnüren.

 

Welches sind die wichtigsten Dinge, die es zu berücksichtigen gibt, wenn man einen Nachhaltigkeits-Lifestyle Blog ins Leben ruft?

Wer sich im Bereich Nachhaltigkeit engagiert, sei es als Designer, Aktivist oder Blogger, macht das aus der Überzeugung, dass sich etwas ändern muss. Nicht weil er reich werden möchte. Wer mit Bloggen Geld verdienen will, sollte sich von Anfang an eine andere Thematik suchen. Aber all denjenigen, die auch an eine nachhaltige Zukunft glauben, kann ich nur einen Rat geben: Meldet Euch bei Wordpress an und legt los. Der richtige Zeitpunkt ist immer jetzt!

 

Was ist Dein Ansatz in Hinsicht auf Nachhaltigkeit - was bedeutet das für Dich?

Nachhaltigkeit hat sehr viele Facetten, aber für mich hat sie sehr viel mit Bewusstsein zu tun. Nicht mit spröder Enthaltsamkeit. Klar, weniger ist mehr. Auch dessen sollte man sich bewusst sein. Aber ich bin nicht gegen Konsum. Ein neues Kleidungsstück macht eben doch immer wieder verdammt glücklich. Aber besonders glücklich macht es, wenn ich weiß, dass bei der Produktion meiner Lieblingsjeans weder Mensch noch Umwelt zu Schaden gekommen sind. Da habe ich doch doppelt so viel Freude beim Tragen, oder?

 

Wie steht denn Dein Umfeld zum Thema Fair Fashion?

Das ist sehr unterschiedlich. Manche fragen mich, ob ich jetzt ein Öko bin. Sehr lustig. Die haben offensichtlich noch gar nichts verstanden, obwohl sie größten Wert darauf legen „bio“ zu essen. Aber kommt Zeit, kommt Nachhaltigkeit ☺ Andere sind erst höchst bestürzt über die Produktionsweisen in der konventionellen Mode und dann maximal begeistert von den Alternativen, wenn ich auf eine kurze Frage zum Thema einen XL-Monolog halte. Und irgendwann zeigen sie mir stolz ihr erstes Fair Fashion Teil, das sie sich gekauft haben. Dann weiß ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

 

Und wo kaufst Du so ein?

Tatsächlich kaufe ich inzwischen ziemlich wenige Klamotten. Ich habe mehr in meinen Schränken, als ich bis zum Ende meines Lebens tragen könnte. Ich tausche gerne mit Freundinnen oder freue mich, wenn ich ein echtes Lieblingsstück im Second Hand Shop finde. So wie meine blaue Bomberjacke. Die ist der HAMMER! Danke noch mal für den Tipp, Cherie!

 

Hast Du Kooperationen abgelehnt?

Kooperationen prüfe ich immer ganz genau. Ich muss ja mit meinem Namen guten Gewissens hinter meinen Posts stehen können. Schön natürlich, dass my-GREENstyle auch außerhalb der nachhaltigen Branche Gefallen findet. Aber wenn die Labels bzw. die Produkte keinerlei nachhaltige Kriterien erfüllen, werde ich sie definitiv nicht durch meine Texte und das Umfeld zu einem nachhaltigen Produkt stilisieren.

 

Was machst Du als Fashion Revolution Botschafterin?

Diese Aufgabe habe ich gerade erst übernommen. Viel ist also noch nicht passiert. Ich habe mit der Organisation der #FairFashionForward Blogger Lounge begonnen, damit sich die nachhaltigen Blogger in München kennen lernen. Das Event kam super an und wir werden das jetzt regelmäßig machen. Jedes Mal mit einem anderen Schwerpunkt, mit Gastrednern etc. Aktuell bin ich auf Location-Suche für ein Popup-Event. Ich habe noch viel vor, um noch mehr Menschen für Fair Fashion und Nachhaltigkeit zu begeistern. Ganz abgesehen davon bin ich der Meinung, dass Fashion Revolution jeden Tag ist. Mit jeder Tat, jedem Post und jedem Menschen, den man für Fair Fashion begeistern kann sind wir ein Stück weiter auf dem richtigen Weg.

 

Du schreibst auch für große Magazine über Fair Fashion.

Tatsächlich habe ich die Möglichkeit immer mal wieder nachhaltige Themen für VOGUE.de etc. zu schreiben. Das freut mich besonders, da man dort sehr viele Menschen erreichen und mit den fantastischen Kollektionen nachhaltiger Designer begeistern kann. Eine gute Möglichkeit die Fair Fashion ins Rampenlicht zu schieben. Denn da gehört sie hin!

 

Wenn Du einen Wunsch frei hättest?

Kann der Tag bitte mindestens 28 Stunden haben? Dann hätte ich endlich Zeit für all die Dinge, die ich noch vorhabe. Und ich wünsche mir, dass wir irgendwann nicht mehr zwischen nachhaltiger und konventioneller Mode unterscheiden müssen, weil Fair Fashion dann ganz normal ist. Oh, das waren jetzt zwei Wünsche...

 

Und zu guter Letzt: welche Instagram Accounts sollen wir uns auf jeden Fall anschauen?

 Richtig gerne folge ich @kea_schreibt! Die Texte und Bilder des Berliner Multitalents sind eine echte Erfischung im ansonsten weit verbreiteten Dünnsinn der sozialen Medien. Wen ich auch noch sehr gerne mag ist @thelostexplorer, weil ich David de Rothschild seiner frühesten Jugend dafür bewundere, dass er nie, aber wirklich nie den bequemen Weg wählt. Sein Eco-Label The Lost Explorer ist übrigens der Hammer!


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